Wenn man von Eiswurf durch Windindustrieanlagen hört, denkt man zuerst an Gefahr für Leib, Leben und Sachen. Aber an die Gefahr für den Geldbeutel der Betreiber kommt man zuerst gar nicht.
Man sieht Schilder die den Menschen vor die Gefahr durch Eiswurf warnen. Diese Warnschilder stehen aber zumindest hier im Vogelsberg viel zu nah an den Industriebauwerken. Wenn man sich vorstellt, dass die Rotorflügel aan der Spitze mit bis zu 300 km/h ihre Kreise ziehen, kann man sich vorstellen wie weit Eisbrocken geschleudert werden können. Das sind bis zu 400 Metern. Da in der Nähe vieler Windindustrieanlagen Landstraßen verlaufen, müssten diese eigentlich im Winter, gerade wegen der Eiswurfgefahr gesperrt werden. Aber ist das der Fall?
Nun, wenn man ein wenig bei den Herstellern der Anlagen nach Vereisung der Rotorblätter forscht, dann kommt man mit erstaunen auf Textpassagen und Werbesprüche, nicht die der Gefahr des Eiswurfes einschränken, nein, die der Ertragssteigerung der Betreiber entgegen kommt.
Auszug aus den Werbebroschüren von Nordex
Mit dem Anti-Icing-System können sich Nordex-Kunden darauf verlassen, dass ihre Anlagen in kalten Regionen sichere Erträge
liefern und maximal verfügbar sind.
Ihre Vorteile auf einen Blick Ertragsmaximierung auch bei Dauerfrost Geringer Eigenenergieverbrauch des Systems Robuste, in den Blattaufbau integrierte Lösung Enteisung bei laufendem Betrieb verursacht keine Ertragseinbußen
Aber auch bei dem Marktführer enercon findet man gleichlautendes
Zusatzertrag ...von 54% im Vergleich zu einer Anlage ohne Rotorblattenteisung. „Es wird in den oben beschriebenen Fällen ca. zehnmal so viel Energie erzeugt, wie für den Enteisungsbetrieb investiert werden muss. Insgesamt eine lohnende Investition,“
Kein Wort von Schutz der Menschen vor der Eiswurfgefahr.
Bei einem Gutachten aus dem Jahr 2002 wurde die Frage aufgeworfen
Lässt sich die ausgehende Gefahr des Eisabwurfes von der Windkraftanlage der Firma Enercon (Typ E-40, Seriennummer 40943) dadurch wirksam abstellen, dass die vorhandenen Rotorblätter durch beheizbare Rotoren ersetzt werden?
Antwort:
Die ausgehende Gefahr des Eisabwurfes kann durch die Verwendung einer Rotorblattheizung nicht wirksam abgestellt werden. Die Rotorblattheizung verringert jedoch Stillstandzeiten aufgrund von Eisansatz an Rotorblättern.
„Der Sicherheitsabstand für Eiswurf beträgt das 1,5-fache der Nabenhöhe zuzüglich des Rotordurchmessers“, erläutert Ina Velte, stellvertretende Pressesprecherin des Regierungspräsidium (RP) Gießen.
Sollte sich innerhalb dieser Entfernung eine Straße oder Ähnliches befinden, so wird der Betreiber verpflichtet, Schutzvorkehrungen zu treffen, so Velte weiter.
Als Beispiele für Schutzvorkehrungen führt sie an: eine automatische Eis-Erkennung oder beheizbare Rotorblätter. Die automatische Abschaltungsvorrichtung der Eis-Erkennung bewirkt, dass Sensoren bei Eisbildung das Abschalten der Anlage auslösen. Dies „ist mittlerweile aber auch schon Stand der Technik“, sagt Velte.
Die beheizbaren Rotorblätter sollen bewirken, dass es erst gar nicht zur Eisbildung kommen kann. Als Genehmigungsbehörde verpflichtet das RP den Betreibern von Anlagen zur Installation und Funktion solcher Eisschutzvorrichtungen.
Den Betreibern werden von den Herstellern solche Vorrichtungen angeboten. Die Repower Systems mit Sitz in Hamburg zum Beispiel verfolgt dazu zwei Lösungsansätze: „Passive Anti-Icing-Beschichtungen der Rotorblätter sollen die Eisanhaftung verhindern“, erklärt Sprecherin Rebecca Lange. Aktive De-Icing-Systeme beheizen die Rotorblätter, so dass Eis geschmolzen wird beziehungsweise erst gar nicht entsteht. Beide Methoden verbessern die Anlageneffizienz, so Lange,
„allerdings kann noch keine der am Markt vorhandenen Lösungen hundertprozentig verhindern, dass sich Eis auf Rotorblättern bildet“.
Schutz der Bevölkerung findet nicht statt. Auch nicht vom Regierungspräsident Gießen